Der Wind ist in Kolumbien immer willkommen, aber in Villa de Leyva im August wird er sogar in den Gebeten der kolumbianischen Familien beschworen. Es ist die Zeit des landesweit bekannten Drachenfests, eine Veranstaltung, die seit über 40 Jahren stattfindet und zu der unsere Familie dieses Jahr eingeladen ist.
Villa de Leyva
Im Unterschied zur „spanischen Vorlage“ liegt die Temperatur in Villa de Leyva ganzjährig zwischen 12 und 18 Grad. Das Klima wird beeinflusst von der ...Weiterlesen
Buchungsinformation
Dieser Ort ist in 2 unserer Rundreisen enthalten:
- Highlights Kolumbiens / 12 TageAb2.395 €Ab2.750 €
Um 6 Uhr morgens geht es los. Unser Reiseleiter für das Wochenende ist Carlos, ein bärtiger Mittdreißiger, der uns in einem Mercedes Sprinter gekonnt aus dem noch etwas schläfrigen Großstadt-Dschungel Bogota herausmanövriert. Bis in das Department Boyacá sind es etwa dreieinhalb Stunden Fahrtzeit, tatsächlich kommen wir auf fast fünf, denn wir haben unseren Kindern eine Frühstückspause auf dem Weg versprochen. Die Ehefrau und der kleine Sohn von Carlos sind spontan mitgekommen und erklären uns nun, dass Villa de Leyva kein Pueblo (Dorf), sondern ein Pueblito (Dörfchen) ist. An der Verniedlichung kann man Orte erkennen, die die Kolumbianer besonders ins Herz geschlossen haben. In Villa de Leyva ist bei unserer Ankunft schon ordentlich was los, wir gehen aber erstmal im Sybarita Caffe einen Kaffee trinken. Als der Besitzer hört, dass wir aus Deutschland kommen setzt er zu einer wahren Arie über die Balance, den Geschmack und das Aroma kolumbianischen Kaffees an und meint damit natürlich genau die Sorte Kaffee, die er seinen Gästen in dieser kleinen, gemütlichen Rösterei anbietet. Einmal an der Tasse genippt und ich bin überzeugt. Kurz darauf laufen wir rüber zu unserem Hotel, während Carlos das Wochenendgepäck im Auto transportiert. Das Hotel Hospederia Duruelo trägt einen Namen, welcher ebenso wie seine Architektur und seine Geschichte auf spanische Wurzeln verweist. Nun wollen wir aber zurück zum Plaza Mayor von Villa de Leyva um keine Sekunde des anstehenden Drachenfestivals zu verpassen.
Die berühmte Drachenschau wird am zweiten Wochenende im August in mehreren Wettbewerben abgehalten. Mal werden bunte Ungetüme zum Leben erweckt, mal sind eher schlichte Kometen in aufwendigen Choreographien zu bestaunen. Wir sehen kolumbianische Kinder, die buntes Pergament über Holz spannen und anschließend bemalen. Plötzlich gibt mir ein freundlich lächelnder Mann zu verstehen, ich solle doch auch mitmachen. Ich verstehe nicht ganz, aber sogleich drückt mir Carlos´ Sohn seinen eigenen Drachen in die Hand. Ich habe zwar erst vor kurzem die Geschichte von Amir, dem afghanischen Jungen aus dem Buch "Drachen am Himmel" gelesen, aber die Handhabung eines echten Lenkdrachens inmitten so vieler Experten ist mir dann doch nicht ganz geheuer. Unser Sohn springt gerne ein und schickt den Kometen innerhalb kürzester Zeit in beträchtliche Höhe. Einige Kolumbianer haben dieses gelungene Debut beobachtet und spenden freudestrahlend Applaus.
"Mami, dort drüben sind riesige, bunte Vögel", ruft meine Tochter plötzlich. Ich brauche einen Moment bis ich gegen die bereits hoch stehende Sonne blinzelnd erkenne, was sie meint. Dieses Mal ist es eine Formations-Darbietung, bei der verschiedene Drachen dieselben Bahnen ziehen. Am Nachmittag beobachten wir aber auch ganze Schwärme von echten Vögeln, die sich in der Abenddämmerung unter die himmlischen Besucher mischen. Es wird schnell dunkel und erste Sterne sind zu sehen. Kurze Zeit darauf legt sich eine ganze Decke funkelnder Sterne über den 14.000 Quadratmeter großen Marktplatz von Villa de Leyva. Wir sind begeistert, werfen einen letzten Blick auf die das Dörfchen umgebende Bergkulisse und fallen wenig später todmüde ins Bett.